Langsamer Leser: Bauhaus? Aber bitte mit Sahne

Ich bin in Erfurt in einer Kneipe aufgewachsen, zwischen Fleischern und Kohlentrimmern. Rauen Gesellen also. Als ich achtzehn Jahre alt war, erhielten meine Freunde und ich „Gaststättenverbot“. Wir flogen raus aus meiner elterlichen Kneipe. Der langen Haare wegen, der Bärte wegen und der lästerlichen Reden wegen. „Das ist die Jugend von heute. Da kann ja nichts aus Deutschland werden.“ „Und Ihr? Warum seid Ihr in diesen Krieg gezogen? Warum habt Ihr nicht Buchenwald befreit? Warum leckt Ihr heute schon wieder die Stiefel der Staatsbüttel?“ Nein, wir schenkten uns nichts. Heute, denke ich, würden wir die Fragen anders stellen. Ich hätte wissen wollen, warum mein Vater immer wieder nachts aufschrie. Welche Bilder hatte er dann vor sich? Der Zorn machte mich radikaler. Wer als Jugendlicher nicht radikal für die Gerechtigkeit eintritt, der ist den Rest seines Lebens ein furchtsamer Leisetreter, einer von denen, die in der Masse den Mut haben, einen mit Merkel benamten Galgen mit sich zu schleppen, den die sächsische Justiz und Polizei als Kunstwerk erkannte.

Die Linksradikalen, las ich neulich, seien viel gefährlicher als die Rechten. Der G20-Gipfel wird da gern angeführt. Meines Wissens ist da niemand ums Leben gekommen, anders als beim NSU, der „Kindergartenvorschulgruppe“ der Neonazis nach Aussage der „Revolution Chemnitz“. Und ich hätte gern mal gewusst, wo die Deeskalationsstrategie der Hamburger Polizei versteckt worden ist. Davon war nämlich nichts zu hören und entsprechend handelte man. G20 war provoziert von Leuten, die dachten, sie hätten auf jeden Fall die Lage im Griff. Merkwürdigerweise hatte das alles keine Folgen bei denen, die die Einsatzbefehle gaben. Der oberste Hirte ist heute gar Finanzminister.

Hier sind mal drei Textbeispiele von „Feine Sahne Fischfilet“ aufgeführt. Man sollte einfach mal nachschauen und nicht abschreiben, was man irgendwo gelesen hat. Und dabei übersehen, wer sich hier zur Entscheidungsfindung zusammengetan hat: Neonazis, AfD und CDU in böser Eintracht. Sind die Wahlen schon so nah? Hat Bayern nicht gezeigt, dass sich Anbiedern nicht lohnt? Wir haben nach der Demontage der Ungehorsamen, sprich des vorigen Bauhauschefs und des vorigen Theaterintendanten nach beider erfolgreicher Arbeit (die Verantwortung dafür trägt Herr Dorgerloh, den ich als Gemeindeglied der Evangelischen Kirche nicht als Pfarrer vorgesetzt bekommen möchte, weil ich da wahrscheinlich schon ausgetreten wäre) nun friedwillige neue Chefs, die sehr genau wissen, wer die Fördermittel ausreicht. Wer dann aber noch, wie Haseloff durch Schuppe oder Robra höchstselbst diese Aktion positiv beurteilt, will zum einen die Freiheit der Kunst an die Zügel nehmen und begibt sich auf diese Weise DDR-nah in den Verdacht der Unzucht mit Abhängigen. Bleibt die Frage für jemand der sich mit leicht linkem Gefälle doch einen Wertkonservativen nennt, ob diese CDU überhaupt noch wählbar ist hier im Lande? Das Drama im Umgang mit der Literatur im Land, der einfach nicht ausgeräumte Verdacht, dass der Geschäftsführer des FBK, Jürgen Jankofsky, Gelder veruntreut habe – und es sieht so aus, als warte man mit einer Bearbeitung, bis der Ruf eines der obsessivsten Literaturförderer durch die finsteren Machenschaften der ehemaligen Vorsitzenden des Vorstands des FBK endgültig ruiniert ist, ist auch für die Rolle, die hier das Kultusministerium spielt, peinlich ohne Ende. Aber dass man sich nun auch noch dazu hergibt, denen das Wort zu reden, die nun wahrlich nicht bekannt sind, für die Freiheit der Kunst sonderlich viel übrig zu haben, das ist in der Tat erbärmlich. Da helfen auch keine nachträglichen Entschuldigungen. Es zeigt, wie sehr wir, Leser, Autoren, Politiker, diesen unsäglichen Populisten bereits auf den Leim gegangen sind, weil ihre Sprache so einfach ist, ihr Publikum dort abholt, wo es immer war: national-sozialistisch. Zwei Generationen böse unterdrückt. Endlich wird salonfein, was abgrundtief böse ist. („Was machen wir nach der Machtübernahme mit den Journalisten?“, fragte ein Bundespolizist Herrn Pogggenburg im Chat – den Poggenburg, der vom Parlament berufen wurde, die Linksextremismus-Kommission zu leiten, deren Ergebnissen der CDU-Generalsekretär Sven Schulze lautstark Beifall zollt.) Wie wirkmächtig diese Sprache ist, sieht man daran, dass auch honorable Herrschaften brav das abschreiben, was sie auf solchen Seiten über „Feine Sahne Fischfilet“ schreiben, die gerade als Vorband der „Toten Hosen“ auf Tour sind, deren letztes Album „Sturm und Dreck“ auf dem dritten Platz der Charts zu finden war, die von MTV als „Best German Act“ für die „Europe Music Awards“ nominiert wurden. Das passt natürlich nicht ins Bild. Sie gehören zu den Bands, die sich, nicht zuletzt aufgrund der Zustände auf dem Mecklenburger flachen Land, von jeher gegen Rechts positioniert haben. Dass man im jugendlichen Überschwang vor Jahren auch im Zorn kräftig danebengehauen hat... Joschka Fischer hat Pflastersteine auf Polizisten geschmissen. Unsere Generation war doch nicht besser. Bis auf die Karrieristen vielleicht, die es ja auch in der DDR zuhauf gab. Die waren immer fein angepasst. Nach der Wende natürlich auch. Aber angepasst liefert man die Demokratie an den Galgen. Demokratie braucht den Widerstand des Verstandes, ja, allerdings, des Verstandes. Und, sehen Sie, im Übrigen sage ich, dass eine Partei keineswegs eine demokratische ist, nur weil sie von Menschen gewählt worden ist. Ludwig Schumann

Gut.

Für diese eine Nacht
Meine ganze Generation
Jeder hier kennt die Frage schon
In Dauerschleife diese Zeilen
Gehen oder Bleiben!

Ein viel zu tiefer Sumpf
Bekanntenkreis wächst, Freundeskreis schrumpft
Sind unsere besten Jahre jetzt schon um?

Komm schon für diese eine Nacht
Als wenn nur dies uns glücklich macht
Verdräng, verlier, ignorier!
Komm schon für diese eine Nacht
Als wenn nur dies uns glücklich macht
Verdräng, verlier, ignorier!

Alle um mich herum
Ziehen weiter um
Ich krieg hier langsam Angst allein zu sein
Ich kann euch gut verstehn
Habt ihr Angst vorm in die Zukunft sehen?
Was bleibt, wenn immer nur die Guten gehen?

Komm schon für diese eine Nacht
Als wenn nur dies uns glücklich macht
Verdräng, verlier, ignorier!
Komm schon für diese eine Nacht
Als wenn nur dies uns glücklich macht
Verdräng, verlier, ignorier!

Wir - werden am Tresen randalieren
Wir - unseren Absturz zelebrier’n
Wir - nehmen das alles gern in Kauf
Wir - wachen an der Ostsee auf


Warten auf das Meer

Ich sitze am Fenster, hier neben dir
Regen prasselt an die Scheiben
von früh bis spät.
Alles andere egal, völlig scheißegal
Hauptsache du schläfst
Und deine Hände bleiben warm.

Ich vergesse nie die Tage
da draußen auf dem Meer
Ungewiss und ohne Schlaf
Das hast du nicht verdient
Ich vergesse nie die Tage
da draußen auf dem Meer
Du warst so oft für mich da
Jetzt bin ich für dich hier

Komm wir dreh'n ‘ne Runde auf Station
Das wird nicht einfach, nichts wie gewohnt
Die Geräte rauben dir den Schlaf
Der Schmerz dringt in die Seele, ist völlig normal!

Ich vergesse nie die Tage
da draußen auf dem Meer
Ungewiss und ohne Schlaf
Das hast du nicht verdient
Ich vergesse nie die Tage
da draußen auf dem Meer
Du warst so oft für mich da
Jetzt bin ich für dich hier

Vollgepumpt mit ihren Drogen
Und der Schweiß in deinem Gesicht
Warum musst du denn so leiden?
Ich hoffe, dass das bald vergeht

Ich hab mich selten so gefühlt
Diese Leere bringt mich um
Das ist doch alles nicht gerecht
Wieso es immer die Besten trifft.

Warten, warten,
Warten auf das Meer.


Antifascist Action

Habe oft drüber gequasselt
Habe oft drüber gequatscht
Habe mir den Kopf zerbrochen
Was mir nicht passt

Ich weiß von Gegner
Ich brech', kämpf' um mich
Ich kämpfe, ich kämpfe für die Freiheit
Für das Volk, gegen diese Zustände

Wut im Bauch
Und Trauer im Herzen
Da ist noch eine Flamme
Antifascist Action

Wut im Bauch
Und Trauer im Herzen
Da ist noch eine Flamme
Antifascist Action

Ihr verurteilt und wir fallen
Ihr räumt die Häuser dieser Stadt
Sie reden von Freiheit
Und schieben Menschen ab
Ich werde nie so sein wie ihr
Vorher geb' ich mir 'nen Schuss
Euer einziges Ideal
Ist das Kapital

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