Euer Autofritze: Jahreszeiten - Aus 4 mach 2!

Jeder, der über eine halbwegs gute Auffassungsgabe verfügt, weiß spätestens seit dem Kindergartenalter, dass es vier Jahreszeiten gibt. Frühling, Sommer, Herbst und Winter –logisch werden die meisten von Euch sagen. Nur die Uhr von echten Autoverrückten, wie ich einer bin, tickt eben etwas anders. Autofreunde sehen keinen Sommeranfang oder definieren irgendein kalendarisch festgelegten Termin, sondern trennen die Jahreszeiten in die Zeit von Ostern bis Oktober und Oktober bis Ostern.

Wie euch seit meiner Weihnachtsanekdote bekannt sein dürfte, wusste ich spätestens nach meiner Führerscheinprüfung (darf man in der heutigen Zeit eigentlich noch bedenkenlos Führerschein sagen?), dass meine Uhr völlig anders tickt. Ich teile das Jahr sogar noch einfacher ein: nämlich in Zeit von April bis Oktober – das ist die Sommersaison und von November bis März – das ist Wintersaison. Jede Saison hat klare Merkmale. Derzeit befinden wir uns, wie es in „Fach- oder Szenekreisen“ heißt, in der Wintersaison! Da jeder Autonarr seinen eigenen Blickwinkel oder auch eigenen Geschmack von Schönheit eines Autos besitzt, geht auch jeder anders in der Wintersaison vor. Der eine denkt über neue Alufelgen oder eine Fahrwerksänderung nach, andere über eine Motoroptimierung oder gar über eine komplette Neugestaltung des Fahrzeuges. Hier gilt es, zum einen zu wissen, was zunächst Priorität ist bzw. was das Auto unbedingt benötigt. Sei es, weil mal wieder der TÜV ansteht, dass man erstmal checkt, ob alles, was zur Betriebs- oder Verkehrssicherheit und zum „Segen des Prüfers“ notwendig ist, tadellos daherkommt oder ob man sich reinweg auf die Verschönerung und Individualisierung des Autos stürzen kann. Ich für meinen Teil, da ich ältere Modelle einer deutschen Marke mit zwei Buchstaben bevorzuge, schau in meiner Wintersaison zuerst auf die Erhaltung meines Autos. Technische Checks stehen im Vordergrund. Flüssigkeiten werden gewechselt, Bauteile wie Bremsen, Reifen, Leuchtmittel erneuert. Vielleicht, wenn es der Geldbeutel zulässt, gibt es noch das ein oder andere kleine Detail zur Verschönerung. Vieles kann ich selbst machen, und was nicht, dafür habe ich entweder Freunde oder ein Netzwerk mit fachlich kompetenten Dienstleistern, auf die ich mich verlassen kann.

Soll ja alles passen, für die Sommersaison. In der läuft nämlich das „Hauptgeschäft” – das Ausfahren meines vierrädrigen Lieblings. Ob der Besuch von Automobilveranstaltungen oder einfach nur mal so ganz entspannt zum Eisessen cruisen. Da liegt es mir und vielen mir bekannter Autofans fern, schnell von A nach B zu kommen. Man schraubt ja nicht in den Wintermonaten nächtelang, um sein Auto zu verschönern, um wusch über die Straße zu fliegen. Vielmehr fahren viele Autofreaks eher langsam. Ja richtig, wirkliche Autofans fahren langsam! Entweder, weil sie mit ihrem hübschen Auto gesehen, vielleicht sogar bewundert werden wollen, oder weil es einfach nicht schnell geht. Manche Karosse gleitet nämlich ziemlich tief über den Asphalt. Jede Bodenwelle könnte das Ende der Ölwanne bedeuten. Das Schöne am Hobby Auto ist, dass es nicht nur ein generationsübergreifendes ist, sondern dass vor allem die Möglichkeiten schier unbegrenzt sind – nee, Stopp, das wäre zu schön – bedingt unbegrenzt – sagen wir eher – was TÜV-zulässig ist. Ich glaube, bei den vielen Fahrzeugkontrollen, die wir Autofans so über die Saison erleben, sind unsere Fahrzeuge in vielen Fällen oft besser in Schuss als manche Serienfahrzeuge. Man könnte sich sonst das Hobby gar nicht leisten, denn es würde Strafzettel regnen.

Wenn ich so an meine „Kinderschuhe“ denke. Zu dieser Zeit konnte man an Autos noch sehr viel selbst herumschrauben, reparieren oder verbauen. Man lernte Handgriffe vom Großvater oder Vater. Stand oftmals Tage und Nächte gemeinsam am Auto und schraubte bis die Mutter mit dem Picknickkorb in der Schrauberhölle auftauchte, um nach dem Rechten zu sehen. Das Familienleben spielte sich oft nicht im Gartenidyll mit Harke und Spaten, sondern eher im Garagenkomplex mit Schraubenzieher und Maulschlüssel ab. Hier kannte man sich. Und wenn der Eine mal den Schlüssel nicht hatte, dann ging man kurz zum Nachbarn und borgte sich einen.

Bei den heutigen Fahrzeugen wird es immer schwieriger, sich in einigen Bereichen wirklich selbst zu helfen. Hochwertige Technologien, vollgeproppte Motorräume – bei manchen Fahrzeugtypen wird schon der Wechsel einer Glühbirne zu einer Wissenschaft. Selbst der Rädertausch kann nur unter Beachtung spezieller technischer Bauteile möglich sein. Aber wir Autofans sind ja nicht auf den Kopf gefallen. Wie schon früher gilt es, das Wissen des Einzelnen mit dem anderer zu bündeln. Mussten unsere Väter noch Unmengen von Büchern wälzen, gibt es heute das gute Internet. Wie ich immer sage, das Internet ist Fluch und Segen der heutigen Zeit zugleich. Entweder man googelt oder geht einfach auf YouTube und schaut, ob es nicht irgendein Video für mein Problem mit entsprechenden Ratschlägen gibt.

Wenn das nicht reicht oder jemand meint, alleine macht das Hobby keinen Spaß, der kann in Magdeburg und Umgebung auf eine echt vielseitige Autoclub-Szene zugreifen. Hier findet man nicht nur Gleichgesinnte, sondern oftmals jede Menge Wissen und Hilfe. Viele denken über Autofreaks oder Autoclubs, das wären nur Proleten oder Raser. Aber wer wie ich seit 15 Jahren ganz tief in der Magdeburger als auch in der allgemeinen Autoszene aktiv ist, weiß, dass dies absolut ein Vorurteil ist. Okay, es gibt überall schwarze Schafe, bis in die höchsten Kreise hinein.

Ich finde die Autoszene – grade in Magdeburg und darüber hinaus – ist ganz anders als es Vorurteile sagen. Es sind langjährige Freundeskreise, gar familiäre Gemeinschaften entstanden, welche gemeinsam ihrem Hobby frönen, die sich gegenseitig unterstützen, und wenn nötig auch über das Hobby privat-persönlich weit hinaus. Man ist füreinander da, trifft sich zum Schrauben oder einfach mal auf ein Grillerchen. Viele von euch wären sicher überrascht darüber, wie vielschichtig die Autoszene ist. Da gibt es nicht nur Jugendliche, sondern gar Unternehmer und auch Ärzte. Ich finde sogar, dass es eigentlich egal sein sollte, welchem Hobby man nachgeht. Fussball, Handball oder Auto – alles Hobbys. Egal, ob man alt oder jung ist – solange die guten Seiten im Menschen hervortreten, so was wie Hilfsbereitschaft, Freundschaft, ein friedliches Miteinander fördert – so lange kann kein Hobby schlecht sein, und es sollte nicht vorverurteilt werden.

Kommt es nicht wie überall auf die Vielfalt an? Der eine pflegt seinen Garten oder besitzt ‘nen riesiges Aquarium mit allerlei Schnickschnack. Leute wie ich empfinden halt Freude daran, Autos nach persönlichem „Sinn für Schönheit“ zu gestalten. Ob ein Sportauspuff sein muss oder das Auto tiefer als normal liegt – das sind Fragen, die einen wie mich beschäftigen. Man muss auch keine fünf Trikots seiner Lieblingsmanschaft haben, um ein echter Fan zu sein. Wer sein Hobby liebt, der lebt es.

Ich finde, wir sprechen so oft von Toleranz, aber wo fängt sie an und wo hört sie auf? Meiner Meinung nach sollten wir immer erst überlegen, vielleicht auch genau hinschauen und nicht wie üblich gleich in Schubladen denken. Wir brauchen Offenheit für unsere Mitmenschen und ihr manchmal ausgefallenes Hobby. Ihr könntet überrascht darüber sein, welche tollen Geschichten und Menschen sich hinter manchen aufgemotzten Auto verbergen. Wenn ihr also das nächste Mal ein getuntes Auto seht, schaut mal genau hin, seht einfach mal, wie viel Liebe zum Detail und überhaupt Kreativität dort drin steckt, oder sprecht einfach mal mit dem Eigentümer, ihr werdet mit Sicherheit sehr interessante Menschen kennenlernen. Probiert es mal.

Okay, dann haltet alle eure Stoßfänger schön sauber und fahrt langsam! Denn: Wer langsam fährt, wird länger gesehen! Bis bald Euer Autofritze Patrick

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