Gedanken- & Spaziergänge im Park: Angsthasen überall!

Als ich während meines letzten Spaziergangs im Park ein Wildkaninchen sah, assoziierte ich Hase, obwohl es gar kein Hase war. Wir Städter verwechseln das manchmal. Und schon fielen mir die Angsthasen ein und danach der falsche Gebrauch des Wortes Phobie durch Medien, Politiker und manch andere. Gegen was man heute alles eine Phobie haben soll? Islamophobie, Homophobie und was weiß ich alles noch. Eine Phobie ist ein medizinischer Begriff aus der Psychiatrie und Psychotherapie. Er bedeutet, dass jemand eine ihn beherrschende Angst vor bestimmten Objekten oder Zuständen entwickelt, die derjenige mit Vernunftsgründen nicht in den Griff bekommt. Nicht er hat die Angst, sondern die Angst hat ihn. Es handelt sich um einen krankhaften Zustand, unter dem Betroffene am meisten leiden. Im klinischen Sinne gibt es keine Homophobie oder eine Islamophobie. Genau hier beginnt die Infamie des Missbrauchs des Wortes „Phobie“. Denn wenn jemand an einer Phobie leidet, ist er krank und das bedeutet: man sollte nicht mit ihm diskutieren, denn er muss behandelt werden. Seine Meinung ist a priori krankhaft und nicht diskutabel. Nehmen wir als Beispiel zuerst den Missbrauch des Wortes Homophobie. Allein das Wort ist schon sehr doppeldeutig: in der einen Bedeutung setzte es sich aus zwei altgriechischen Worten zusammen, wobei homo für „gleich“ steht und Phobie, wie schon erwähnt für Angst. Wortwörtlich bedeutet das also „Angst vor dem gleichen“. Bei dem etwas schludrigem Gebrauch des Wortes Homophobie soll homo aber quasi abgekürzt für homosexuell stehen. Es gibt aber noch eine zweite Bedeutung des Wortes Homophobie, wenn man den ersten Teil des Wortes als lateinisch ansieht, dann bedeutet homo im lateinischen „Mensch“. Das zusammengesetzte Wort würde dann Angst vor Menschen bedeuten, was einen anderen Sinn hätte, als den, den Journalisten, Politiker und Vertreter der Lesben- und Schwulenverbände ihm zuschreiben. Man könnte meinen, dass das weit hergeholt wäre. Aber wir kennen viele Fremdworte, sogenannte Hybride, die sich aus einem griechischen und einem lateinischen Wortteil zusammensetzen. Beispiele: Television, Sonografie, Teleobjektiv u. a.. Es gibt meiner Meinung nach kaum Menschen, die unter einer Krankheit namens Homophobie leiden würden. Aber es gibt sicherlich eine große Anzahl, die sagen Homosexualität ist nichts für mich, ich möchte lieber einen gegengeschlechtlichen Partner bzw. eine Partnerin. Das einzige, wogegen sie manchmal etwas haben, ist das schrille Gehabe an den Christopher-Street-Days. Auch das könnte man nicht als Homophobie bezeichnen. Ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass Heterosexuelle den Schwulen oder Lesben eine „Heterophobie“ zuschreiben würden. Interessanterweise gibt es auch keine „Naziphobie“ oder „Dextrophobie“ (Angst vor Rechts). Ein anderes, häufig missbrauchtes Wort heißt Islamophobie. Ich weiß nicht, ob es berechtigt ist. Wenn ich Menschen über Ängste in Beziehung zum Islam sprechen höre, so ist immer vom Islamismus die Rede, nur selten von der Religion Islam. Islamismus ist aber – nach der Auffassung des muslimischen Journalisten Hamed Abdel-Samad – eine faschistoide Ideologie mit einer fundamentalistischen Auslegung des Korans. Jeder hat wohl davon im Fernsehen gesehen oder in der Presse darüber gelesen. Wenn jemand also eine Islamismus-Phobie hätte, so wäre das keine Krankheit, sondern eine berechtigte Sorge. Eine eigentümliche Kombination ist es, wenn Homosexuelle gegen Homophobie und Islamphobie gleichzeitig demonstrieren, denn sie hätten am allermeisten Grund, sich vor dem Islam zu fürchten, da in einigen islamischen Ländern  Homosexualität schwer und manchmal sogar mit dem Tode bestraft wird. Nebenbei: keinem Muslim wird interessanterweise eine „Christophobie“ unterstellt. Das wäre genauso falsch wie die Islamophobie.
Ein anderer Punkt ist die sogenannte Xenophobie, die Angst vor den oder dem Fremden. Hier ist es schwer zu unterscheiden, ob es sich um ein krankhaftes Symptom, um etwas Anerzogenes oder vielleicht sogar um etwas genetisch Bedingtes handelt. Das mit dem Anerzogenen ist leicht zu erklären: Jedes Kind bekommt von seinen Eltern frühzeitig gesagt: „geh nicht mit Fremden mit, nimm nichts von Fremden an“ usw.. Auch in Lokalnachrichten wird häufig davor gewarnt, Fremden die Tür zu öffnen oder sie gar in die Wohnung zu lassen. Wo genau ist die Grenze zwischen einer berechtigten Vorsicht und einer übertriebenen Phobie? Eine besondere Phase lässt sich beim Kleinkind beobachten, die sogenannte „Acht-Monats-Angst“. Das vorher zutrauliche Baby hat plötzlich Angst vor Fremden, wendet sich ab und beginnt sogar zu weinen. Das geschieht manchmal sogar beim Kontakt mit anderen Menschen, die es nur seltener sieht und häufig zur Traurigkeit und Enttäuschung bei den Erwachsenen führt. Hier haben wir es mit einer weiteren Entwicklung des Gehirns zu tun, das die Umgebung jetzt differenzierter wahrnimmt. Ob es sogar auch genetische Aspekte geben kann, ist umstritten. Durch schwerwiegende Einwirkungen der Umwelt kann es zu leichten Veränderungen der Gene kommen, besser gesagt der epigenetischen Abschnitte. Israelische Forscher haben das bei KZ-Überlebenden festgestellt. Inwieweit manches davon vererbt werden kann und zu Depressionen und Phobien führt, ist noch hypothetisch und nicht unumstritten. Aber die Menschheitsgeschichte ist von Urbeginn an mit beängstigenden und schädigenden Begegnungen angefüllt. Wenn plötzlich bei einem Steinzeitstamm Menschen eines fremden Stammes auftauchten, so war das sicher nicht immer ein nachbarschaftlicher Kaffeebesuch. In der späteren Geschichte war das nicht anders, nachzulesen im Alten Testament, in ägyptischen Chroniken oder bei Homer. Insofern ist eine Xenophobie das Resultat von Erfahrungen aus hunderttausenden Jahren Menschheitsgeschichte. Die Angst vor Fremden muss nicht unbedingt etwas Böses bedeuten, sondern kann eine sehr berechtigte Vorsicht sein. Vertrauen ist nicht a priori da, es muss erworben und erarbeitet werden. Deshalb sollte man mit dem Vorwurf der Xenophobie sparsam umgehen, ebenso wie mit den vorbenannten Phobien. Der Vorwurf der Phobie dient in erster Linie dazu einen Diskurs zu vermeiden und stuft den, dem man das unterstellt, zu einem Behandlungsbedürftigen herab. Paul F. Gaudi

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