Der Patron des Magdeburger Landes

Die Heiligen Norbert (Mitte), Wenzel (links) und Sigismund (rechts) auf der Prager Karlsbrücke.

Norbert von Xanten (circa 1080-1134) gründete um 1120 den Prämonstratenserorden. Später wurde er Erzbischof von Magdeburg und nach seinem Tod heilig gesprochen. 1626 öffnete man sein Grabgelege im Kloster Unser Lieben Frauen. Der Heilige Norbert sollte nicht in Magdeburger protestantischem Boden liegen. Deshalb wurde sein Grabgelege ins Kloster Strahov nach Prag überführt. Am 6. Juni war sein 885. Todestag. Eine Erinnerung an den „heiligen“ Magdeburger.

In Magdeburg erregt gegenwärtig der Neubau einer Klosteranlage des Prämonstratenserordens oberhalb des Schleinufers unweit vom Petriförder die Gemüter. Es geht um die städtebaulich optimale Einordnung des klösterlichen Gesamtkomplexes in die vorhandene Gebäudesituation. Damit einher geht die Frage zur Gründungsgeschichte dieses katholischen Mönchordens, der bereits Anfang des 12. Jahrhunderts unter seinem Gründer Norbert von Xanten entstand. Deswegen auch Norbertiner genannt. Dieser Orden versucht, das Mönchtum mit priesterlicher Seelsorge zu verbinden. Bereits kurz nach der Wende kamen erste Prämonstratenser aus dem rheinischen Kloster Duisburg-Hamborn nach Magdeburg, um hier ein neues Kloster zu gründen. Sie wollten dadurch ganz bewusst an Norbert von Xanten und seine Gefolgsleute anknüpfen, die diesen Weg vom Rheinland nach Mitteldeutschland vor über 850 Jahren gegangen waren.

Der um 1080 geborene Norbert von Xanten war im niederrheinischen Xanten aufgewachsen und ausgebildet worden. 1126 berief man ihn auf den erzbischöflichen Stuhl von Magdeburg. Hier in dieser Domstadt starb er bereits am 6. Juni 1134 im Alter von 54 Jahren.

Niemand kennt von Xantens Geburtsjahr oder
-ort genau. Nach jüngsten Forschungen soll seine Geburt zwischen 1080 und 1085 erfolgt sein. Er stammte aus dem uralten Adelsgeschlecht der Edelherren von Gennep. Auch der später geborene Kölner Erzbischof Wilhelm von Gennep (1349-1362) gehörte zu dieser Familie mit Stammburg unweit von Gennep an der Niersmündung. Seine Familie sah in ihm den Kleriker und so verwundert es nicht, dass er mit vielen anderen Klerikern in der Hofkapelle des Kaisers Heinrich V. als letzter König des salischen Hauses und Sohn von Heinrich IV. (König von 1056-1106) Dienst tat.

Bereits in frühester Kindheit kam er in das Sankt-Viktor-Stift in Xanten. Dort brachte man ihm das Lesen, Schreiben und vor allem Latein bei. Nach seinem Stimmbruch erlangte er ein Kanonikat an der Stiftskirche. Das Xantener Stiftskapitel lebte nach der sogenannten Aachener Regel für Kanoniker als Beschluss der Bischofssynode von 816 dieser Domstadt im Dreiländereck von Belgien, Holland und Deutschland, wonach im Gegensatz zur benediktinischen Mönchsregel vornehme Kleidung, Fleischspeisen und privates Eigentum erlaubt waren. Dieser Beschluss war vom fränkischen Kaiser Ludwig dem Frommen (814-840) als Institutio canonicorum für das ganze fränkische Reich festgeschrieben worden.

Da Xanten kirchlich zum Erzbistum Köln gehörte, befand sich der junge Norbert bald in ständiger Begleitung des Kölner Erzbischofs vor dem Diensteintritt beim Kaiser Heinrich V., den er in den Jahren 1110/11 auf dessen Italienzug zur Erlangung der Kaiserwürde begleitete.

Schon damals gab es eine Kirchenkrise und der Kauf kirchlicher Ämter (Simonie) wurde angeprangert. Hinzu kamen die Missachtung des Zölibats und andere moralische Ausschweifungen. So wurde Norbert Zeuge dieser nicht zu übersehenden Spannungen zwischen Kirche und Staat mit königlicher Berufung der Bischöfe. Als der Kaiser dem widerstrebenden Papst Paschalis II. mit Gewalt zur Anerkennung seiner Ämterverleihungen zwingen wollte und ihn gar in Gewahrsam in der St. Peterskirche nahm, ging Norbert auf Distanz zu ihm. Dieser nun beginnende Reifungsprozess als innerliche Reform führte bei Norbert von Xanten dazu, dass er keiner Gemeinschaft beitreten wollte, in deren Spiritualität das Laien-Element überwog. Über die Abtei Siegburg und Lonnig an der Mosel kam er schließlich nach Klosterrath im heutigen holländischen Rolduc bei Kerkrade, wo er eine Gemeinschaft kennenlernte, die ihn überzeugte und inspirierte. Man orientierte sich vor allem an der Regel des heiligen Augustinus (gest. 430).

Sie alle wurden zunehmend die eigentlichen Träger der gregorianischen Reformideen. Norbert selbst begeisterte sich für das gemeinsame Leben aus dem Geist des heiligen Augustinus, nach dem Vorbild des Evangeliums Christi und der Apostel. Anklang fand bei ihm auch die Wanderpredigt. Nach seiner gescheiterten Stiftsreform in Xanten begab er sich auf Wanderpredigt, wobei er großer Anerkennung im Volk und so manchem Bewunderer begegnete. Norbert von Xanten wurde schließlich am 28. Juli 1118 zur Änderung seiner geistigen Haltung vom päpstlichen Legaten auf der Synode zu Fritzlar aufgefordert und sogar angeklagt. Danach begab er sich als Pilger nach Südfrankreich, doch wie in Xanten scheiterten auch dort seine Reformbemühungen. Schließlich kam es mit Unterstützung des Bischofs Bartholomäus von Laon im unwegsamen Tal von Prémontré (lateinisch: Praemonstratum) bei Laon im Jahre 1120 zur Klostergründung mit einer kleinen Kirche: Es war die Geburtsstunde des Prämonstratenser-Ordens. Das weiße Bußgewand aus ungebleichter Wolle, das Norbert von Xanten seit seiner Bekehrung trug, ist bis heute das Vorbild der Ordenskleidung. Er hielt sich nur im Winter dort auf, ansonsten war er als Wanderprediger unterwegs. Von Xanten wollte Christus in die Welt hinaustragen. Sein häufiges Wirken als Vermittler brachte ihm den Beinamen Friedensstifter ein.

Noch 1121 kam es zur Gründung des Tochterklosters in Floreffe bei Namur in Belgien, dann in Cuissy und Laon. Erstes deutschsprachiges Prämonstratenserkloster wurde 1122 Cappenberg bei Dortmund. Im Ortsteil Gottesgnaden vom Dorf Schwarz bei Calbe an der Saale wurde 1131 auf Veranlassung von Norbert von Xanten ein Kloster dieses Ordens gegründet, welches bis 1563 existierte und später restlos abgebrochen wurde.

Bereits 1126 zählte man neun Klöster und bis 1200 wurden es über 500 Klöster weltweit. Doch die meisten dieser Gründungen verloren nach dem Ableben ihrer inspirierenden Führungsfigur Norbert von Xanten rasch an Ansehen. Anders in Prémontré: Dieses Gründungskloster behielt eine überragende Rolle in Europa.

Zur Überraschung vieler nahm Norbert von Xanten 1126 Abschied von seinen Mitbrüdern und wurde im Juni Erzbischof in Magdeburg. Am 18. Juli 1126 zog er in Magdeburg ein, wo er am 25. Juli 1126 zum Bischof geweiht wurde. 1129 kam es zu einem Mordanschlag auf ihn, sodass er fliehen musste. Aber von Xanten setzte sich durch. Seine geistliche Erneuerung in kluger Manier führte 1129 zur Umwandlung des Kollegiatstifts Unser Lieben Frauen in Magdeburg in ein Prämonstratenserkloster. Das Magdeburger Kloster wurde das Prémontré des Ostens mit großer Ausstrahlung als eines der Zentren der Klerusreform. Im am 4. Juni 1133 verabschiedeten sogenannten Polenprivileg unterstellte man nicht nur alle Bistümer zwischen Elbe und Oder der Magdeburger Kirchenprovinz, sondern auch alle Bistümer östlich der Oder. Der frühe Tod von Norbert von Xanten nach schmerzhaftem Leiden in der Fastenzeit ließ weitere Bemühungen zum Inhalt dieses Privilegs bei seinen Nachfolgern nur zu einer Absichtserklärung werden.

Wohl mit die prächtigste Prämonstratenser-Klosteranlage findet man heute in Jerichow unweit von Tangermünde, wo man 1144 einen Missionsstützpunkt zur Christianisierung der Elbslawen schuf. Gründer war hier nach Dehio Hartwig von Stade und es wurde mit Magdeburger Klerikern aus Liebfrauen besetzt. Vier Jahre später verlegte man es an die heutige Stelle.

1582 wurde durch den Papst Gregor XIII. Norbert von Xanten offiziell heilig gesprochen und 1626 öffnete man sein Grab. Seine Gebeine wurden 1627 in die Prämonstratenserabtei Strahov in Prag überführt. Seitdem werden sie dort verehrt. Im Jahre 1982 ernannte ihn Papst Johannes Paul II. zum Patron des Magdeburger Landes.

In der Kulturhauptstadtbewerbung 2019 sollte sich dieses verdienstvollen Vertreters der katholischen Kirche und seines Wirkens in und Magdeburg würdig erinnert werden. Vielleicht gelingt es, an diese Zeit als Premonstré des Ostens anzuknüpfen, um so die Bedeutung von Magdeburg zu unterstreichen. Volker A. W. Wittich

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