Schall und Rauch oder simple Sache

Müller, Schmidt, Hinz und Kunz … kein Problem. Müller-Schmidt und Hinz-Kunz … passt auch. Aber Müller-Schmidt-Hinz-Kunz? Auf gar keinen Fall! Das Namensrecht ist nicht immer eine einfache Sache.

Dass es hierzulande Namen wie Leutheusser-Schnarrenberger oder Kramp-Karrenbauer gibt, ist einer Reform des Namensrechts aus dem Jahr 1976 geschuldet. Dass an diese Nachnamen nicht beliebig viele weitere Namen angehängt werden können, verdanken wir einer weiteren Reform von 1993. Würden Leutheusser-Schnarrenberger und Kramp-Karrenbauer – rein hypothetisch – heiraten, müssten sie sich für einen der beiden Doppelnamen entscheiden. Nicht mal Leutheusser-Schnarrenberger-Karrenbauer wäre möglich, da in Deutschland nach einem Bindestrich Schluss ist. Zuletzt hatte das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe die im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) festgeschriebene Regelung des Namensrechts bei der Heirat für verfassungsgemäß erklärt und damit alle Konstellationen, die einen Doppelnamen übertreffen, ausgeschlossen. Bei der Eheschließung müssen die Partner damit entweder beide jeweils bei ihrem Namen bleiben oder sich gemeinsam zwischen Doppel- und Einzelnamen entscheiden. Kindern als Familiennamen einen Doppelnamen zu geben ist aus demselben Grund verboten – sonst könnten in den nachfolgenden Generationen Vierfachketten oder schlimmeres entstehen. Um diese der Übersicht halber wieder einzukürzen, müsste vermutlich ein neuer Paragraph her …

Doch erstmal der Reihe nach. Schließlich war die Gesetzgebung nicht immer so unübersichtlich und damit allerdings auch wenig vielfältig. Bis ins Mittelalter kamen die Menschen im deutschsprachigen Raum ganz ohne Familiennamen aus. Erst im 17. Jahrhundert setzten sich Namen durch, die häufig auf Herkunftsorten, Berufsbezeichnungen, den Vornamen der Eltern oder bestimmten Eigenschaften der jeweiligen Person beruhten. Verbindlich eingeführt wurden Familiennamen 1874 mit der Entstehung der Standesämter. Und 1896 wurde schließlich im BGB festgeschrieben, dass die Frau im Falle der Heirat den Namen des Mannes annehmen muss. Diese Regelung wurde 1957 etwas gelockert, indem man beschloss, Doppelnamen zuzulassen. Dies war jedoch nur möglich, wenn die Frau ihren Nachnamen an den des Mannes anhängte. Die CDU-Generalsekretärin, die bereits als Beispiel diente, hätte damals also Karrenbauer-Kramp heißen müssen. Eine neuerliche Reform im Jahr 1966 liberalisierte das Namensrecht zunächst in der DDR: Der Nachname des Mannes musste nicht mehr automatisch als Familienname festgelegt werden. Die BRD zog 1976 nach und erlaubte ihren Bürgerinnen und Bürgern sich bei der Eheschließung entweder für den Namen der Frau oder des Mannes zu entscheiden. Oder einen Doppelnamen zu wählen, bei den der Nachname des Mannes nicht mehr zwingen vorangestellt werden musste.

Nach der Wiedervereinigung, im Jahr 1993, wurde das Ehenamensrecht erneut grundlegend geändert. Seitdem ist es möglich, dass im Falle einer Heirat beide Partner jeweils ihren eigenen Namen behalten können. Sie dürfen allerdings auch einen der beiden Namen zum gemeinsamen Ehenamen ernennen oder eine Person kann dem Ehenamen seinen eigenen anhängen oder voranstellen, sodass ein Doppelname entsteht. Zwar gibt es keine offizielle Namenswahl-Statistik und somit lässt sich nur schwer nachvollziehen, welche der Varianten am häufigsten gewählt wird. Glaubt man jedoch diversen Umfragen, so nehmen nur etwa fünf Prozent der verheirateten Paare den Nachnamen der Frau als Ehenamen an. 15 Prozent entscheiden sich entweder für einen Doppelnamen oder bleiben beim jeweils eigenen Nachnamen. In diesen beiden Fällen muss sich das Paar auf einen Familiennamen für den Nachwuchs einigen, da die Kinder – wie bereits erwähnt – keinen Doppelnamen erhalten dürfen. 80 Prozent der Paare bleiben bei der althergebrachten Variante und wählen den Nachnamen des Mannes.

Sind Namen wirklich nur Schall und Rauch? Oder weshalb verzichtet ein Großteil der weiblichen Bevölkerung in der Bundesrepublik bei der Eheschließung auf ihren Namen? Ist dies ein Zeichen der Selbstaufgabe oder lediglich der Hinweis an die Welt: Wir gehören zusammen, wir sind eine „Sippe“? Das Karlsruher Verfassungsgericht formulierte es 1991 in einem Beschluss folgendermaßen: „Der Geburtsname eines Menschen ist Ausdruck der Individualität und Identität.“ Für die Frauenbewegung damals ein großer Erfolg – doch geändert hat sich seitdem eben nicht viel. Dabei haben es die Ägypterinnen, Römerinnen und Germaninnen vor hunderten von Jahren bereits vorgemacht. Für sie war es selbstverständlich, ihren Geburtsnamen zu behalten. Ebenso für Frauen in mehr als 100 Ländern der Welt. Denn in den meisten Rechtssystemen hat eine Heirat keinen Einfluss auf den Namen der Eheleute. In Norwegen, den Niederlanden, Spanien, Portugal, Griechenland, Frankreich oder Belgien beispielsweise behält der Ehepartner seinen beziehungsweise die Ehepartnerin ihren Namen. In mehreren Systemen besteht allerdings auch das Recht den Namen des jeweils anderen anzunehmen oder hinzuzufügen.

In den USA sind zahlreiche Optionen möglich. So können beide Ehepartner den Nachnamen des Mannes oder der Frau wählen, ihre jeweils eigenen Namen behalten oder sich bei der Heirat für Doppelnamen entscheiden (mit oder ohne Bindestrich), wobei die Reihenfolge keine Rolle spielt. Ebenso kann der Doppelname an gemeinsame Kinder weitergegeben werden. In Island gibt es eine ganz andere Regelung, denn das Hauptaugenmerk liegt auf den Vornamen. Die isländischen Namen sind eine Kombination aus den Vornamen der Eltern – meist des Vaters – und einem angehängten -sson (männlich) und -sdóttir (weiblich). Die amtierende isländische Premierministerin heißt dementsprechend Katrín Jakobsdóttir, da ihr Vater den Namen Jakob Ármannsson trägt. Die patriarchalische Namensgebung erlaubt eine Benennung nach der Mutter nur, wenn der Vater unbekannt ist. In Russland ist das System der Namensgebung ebenfalls patriarchalisch und dadurch unkompliziert. Die Ehefrau übernimmt den Familiennamen des Mannes und dieser wird durch ein „a“ als weibliche Endung ergänzt. Zudem gehört zum vollen Namen der Vorname des Vaters. Daher heißt die Ex-Frau des russischen Präsidenten Wladimir Putin Ljudmila Alexandrowna Putina. Ganz simpel …  Tina Heinz

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