Salongeflüster: Heißzeit für immer

In meinem Frisiersalon ist es immer noch heiß. Und nirgends kann man Ventilatoren kaufen. Die sind mittlerweile so wertvoll wie Gold. Neulich bin ich sogar in eine Sauna gegangen und habe mich über die leichte Abkühlung gefreut. Erfrischt kam ich zurück. Und schon musste ich mir von einem Kunden sagen lassen, dass der Klimawandel nur erfunden sei. Von wem wusste er nicht genau, aber früher wäre es auch so heiß gewesen. Ich sagte ihm freundlich, aber klar, dass er Recht hat. Genau so sei sein Haarausfall nur eine Erfindung und die Glatze, über die er verfügt, die habe er schon als Baby gehabt. Er widersprach vehement und behauptete zwischendurch Haare besessen zu haben. Wie der Klimawandel also, mal ist er da, mal ist er weg. Da meldete sich ein Geschichtsprofessor, der bei mir Stammkunde ist und erklärte, dass es schon 1540 so eine Hitze gegeben habe. 11 Monate ohne Niederschlag, es sei die Hölle gewesen. Und was passiert sei? Man habe halt Hexen verbrannt und irgendwann habe es sich wieder abgekühlt. Ich überlegte kurz, ob das heute auch ein probates Mittel gegen Haarausfall und Hitze sein könnte, verwarf den Gedanken dann aber wieder, weil so eine Hexenverbrennung gar nicht gut für den CO2-Gehalt in der Luft ist. Und während ich so über Feuer und Fleisch nachdachte bekam ich auf einmal Hunger. Irgendwas frisch Gegrilltes, muss ja keine Hexe sein, eine Haxe würde mir voll und ganz genügen. Aber bei mir zuhause leben jetzt alle vegan. Wenn ich da mit Fleisch ankomme, dann werde ich auch verbrannt. Mittlerweile esse ich nur noch heimlich Fleisch. In einigen Restaurants haben die Inhaber die alten Raucherzimmer zu Fleischzimmern umgerüstet. Und da schlemmen wir uns voll mit saftigem Fleisch und bekommen für zuhause Quittungen, auf denen von Rohkostsalaten die Rede ist. Meine Familie bewundert mich für meine Disziplin und manchmal werde ich mit einer legalen Bratwurst belohnt, die ich natürlich brüsk zurückweise. Ich nehme einen Sojaklops für den Klimawandel. Oder dagegen. In diesem Sinne: Der Nächste bitte. Lars Johansen

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