Meine Ex sagt...

… sie verstehe nicht, warum ihr Partner immer genau dann etwas vorhätte, wenn sie mit ihm etwas Gemeinsames unternehmen wollte. Eigentlich war ich ja froh, dass sie sich in eine neue Beziehung begeben hatte. Doch nun überfällt sie mich schon nach kurzer Zeit mit einem Problem über ihren Freund. Ich wendete ein, dass sie aus den paar Wochen gemeinsamer Verbindung doch noch gar keine verallgemeinernden Schlüsse ziehen dürfte und fragte, wie oft sich so eine Termindifferenz tatsächlich gezeigt hätte. Das sei jetzt wirklich egal, meinte sie. Jedenfalls hätte sie letztens einen Treff mit Bekannten ausgemacht und ihr Liebster wollte sich mit der Ausrede aus der Verabredung ziehen, dass er noch im Büro zu tun hätte. Und wenn das nun der Wahrheit entspräche, sagte ich. Daraus dürfe sie ihm doch nicht gleich einen Strick drehen. Ob sie ihrem Freund denn rechtzeitig Bescheid gegeben hätte, wollte ich wissen. Sie habe ihm das am Vortag gesagt. Sicher hätte er ihr wieder nicht richtig zugehört. Aha, sagte ich darauf. Der Ausruf aha ist so eine Marotte von mir. Das sage ich immer, wenn ich glaube, einen erkenntnisreichen Gedanken zu haben. Und diesmal lautete der: Ganz sicher habe ihr Freund behauptet, sie hätte ihm das gar nicht mitgeteilt. Ja, hierbei sei seine Sturheit ans Licht gekommen. Keinen Millimeter wäre er von seiner Meinung abgewichen. Sie natürlich auch nicht von ihrer. Im Streit sei es im Kern also gar nicht mehr um den verpatzten Termin gegangen, sondern um die Frage, ob sie es wirklich gesagt habe oder er es nicht gehört hätte bzw. es gar nicht hören konnte. Ich meinte, es sei schlecht, sich darüber zu streiten, weil von beiden Standpunkten heraus keine Einigung möglich wäre, ohne, dass einer von beiden als Lügner dastünde. Das Dilemma wäre nur beizulegen, wenn beide bereit wären, sich gegebenenfalls geirrt zu haben. Und zwar beide. Sie habe sich nun einmal nicht geirrt, polterte sie los. Genau darin liegt die eine Seite des Problems. Die andere bei ihm. Und weil sich beide nicht bewegen würden, münze sie das Problem in das Fazit um, dass er mit ihr nichts unternehmen wollte. Das sei nicht gerecht, bemerkte ich. Typisch ich. Diese Bemerkung begleitete meine Ex mit dem ihr eigenen Ton, der scharf wie ein Santoku sein konnte. Ich wollte ihr noch raten, es wenigstens mal mit dem Eingeständnis eines Irrtums zu versuchen. Aber da war sie längst aufgestanden und brabbelte vor sich hin, dass die Diskussion mit mir keinen Zweck hätte und ich genauso ein sturer Kerl sei. Bevor die Tür ins Schloss fiel, erreicht mich noch der Satz: Männer sind doch alle gleich! Also goss ich meiner Sturheit noch ein Glas Wein ein und freute mich über deren Geselligkeit. Thomas Wischnewski

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