Dramatiker und Revolutionär

Am 1. Dezember 1893 gebiert Ida Toller in der preußischen Stadt Samotschin (heutiges Polen) einen Sohn: Ernst. Das jüngste Kind des Ehepaares Mendel und Ida Toller besucht ab dem 7. Lebensjahr eine Privatschule, erkrankt jedoch im Alter von zwölf Jahren so schwer, dass er einige Zeit der Schule fernbleiben muss. Etwa ein Jahr später hat Toller die Möglichkeit, auf ein Realgymnasium in Bromberg zu wechseln, über welches er rückblickend schreibt, dass die Kinder dort zum Militarismus erzogen würden; engstirnig und autoritär sei das Schulwesen an dieser Einrichtung. Dies bewegt ihn dazu, sich mit moderner Literatur zu befassen, die am Realgymnasium verboten ist. Widerstand regt sich in ihm. Die vermittelten Wertvorstellungen, die an Konservativität und Militarismus in seinen Augen wenig vertretbar sind, schrecken ihn ab.

Nach Beendigung seiner schulischen Ausbildung schreibt sich Ernst Toller in Grenoble (Frankreich) an der „Ausländeruniversität“ ein. Kurz darauf führt ihn jedoch der Ausbruch des Ersten Weltkrieges zurück nach Deutschland. Er tritt als Kriegsfreiwilliger in das 1. Fußartillerie-Regiment in München ein, woraufhin er 1915 in Germersheim stationiert wird. Nach der Versetzung nach Straßburg, meldet er sich freiwillig zum Fronteinsatz und kämpft in Verdun. In dieser Zeit entstehen seine ersten Gedichte, die sich klar gegen den Krieg wenden. 1916 bricht Toller physisch und psychisch zusammen und wird nach ersten Behandlungen in die „Genesenden-Einheit“ nach Mainz versetzt. Ein Jahr später gilt er als kriegsverwendungsunfähig, sodass er ein Studium an der Ludwig-Maximilians-Universität in München beginnt.

Er studiert Jura und Philosophie, wird jedoch schnell vom Literaturwissenschaftler Artur Kutscher in seinen Kreis aufgenommen und macht Bekanntschaft mit Autoren wie Thomas Mann und Reiner Maria Rilke. Ernst Toller nimmt fortan regelmäßig an Diskussionsrunden von Kriegsgegnern teil, zu deren Gruppe bald mehr als 100 Interessierte kommen. Die Unabhängige Sozialdemokratische Partei wird zu dieser Zeit immer attraktiver für den jungen Autoren, sodass er ihr beitritt. Durch die Erfahrungen im Krieg entwickelt er eine pazifistische und linksorientierte Einstellung, die dazu führt, dass er 1918 an einem Munitionsarbeiterstreik in München teilnimmt und inhaftiert sowie kurze Zeit später in die Psychiatrie zwangseingewiesen wird. Nach Ende des Krieges ist er Teil der Novemberrevolution in Bayern, die Kurt Eisner – Vorsitzender der USPD – zum provisorischen Ministerpräsidenten des Freistaats Bayern macht. Nach dessen Tod übernimmt Ernst Toller den Vorsitz der Partei und 1919 bildet er zusammen mit anderen die Münchner Räterepublik.

Am 1. Mai desselben Jahres taucht Toller vorerst unter, da auf seinen Kopf eine Belohnung von 10.000 Mark ausgesetzt ist. Einen guten Monat später wird er verhaftet und angeklagt. Dank verschiedener Aussagen des bekannten Soziologen Max Weber und des Rechtsanwaltes Hugo Haase bleibt Toller die Todesstrafe wegen Hochverrates erspart und er wird stattdessen zu fünf Jahren Festungshaft verurteilt.

Die Haftzeit nutzt Toller, um Gedichte und Stücke zu schreiben. So entstehen Werke wie „Das Schwalbenbuch“, „Masse Mensch“ oder auch „Die Maschinenstürmer“. Er wird in der Weimarer Republik als Dramatiker und Lyriker bekannt. Aufgrund seiner Berühmtheit wird ihm 1920 von der Bayerischen Landesregierung die Freilassung angeboten. Diese lehnt der Autor ab, da er nicht bevorzugt behandelt werden möchte.

1926 schließt sich Ernst Toller der von Kurt Hiller gegründeten Gruppe „Revolutionärer Pazifisten“ an. Mit der Geschichtsrevue „Hopple, wir leben!“ eröffnet er 1927 die Bühne im Berliner Theater am Nollendorfplatz.

1932 emigriert Toller in die Schweiz. Während er sich in Zürich aufhält, wird er von der nationalsozialistischen Regierung ausgebürgert. Die am 25. August 1933 erstellte erste Ausbürgerungsliste führt neben anderen auch Ernst Toller auf. Seine Wege führen ihn nach Paris und London. 1935 heiratet er dort die 23 Jahre jüngere Schauspielerin Christiane Grautoff, in der er sich bereits einige Jahre zuvor verliebt hatte.

Er lässt sich mit seiner Frau in Kalifornien nieder und schreibt weitere Werke, die jedoch, da sich  sein Name 1933 auf der ersten Ausbürgerungsliste befand, als Exilliteratur gelten.

1939 hält Ernst Toller seine letzte öffentliche Rede beim Kongress des P.E.N.-Clubs in New York. Danach wird er zusammen mit einigen anderen Schriftstellern ins Weiße Haus eingeladen und lernt Präsident Teddy Roosevelt kennen. Im selben Jahr beendet er aufgrund von Depressionen sein Leben im Mayflower Hotel am Central Park durch Erhängen. Wenig später wird Toller eingeäschert, seine Asche wird jedoch lange nicht abgeholt, sodass er zu einem unbekannten Zeitpunkt in einem Sammelurnengrab im Mausoleum des Ferncliff Friedhofs in Hartsdale (New York) bestattet wird.
In Magdeburg ist eine Straße nach dem Dramatiker benannt. Sophie Altkrüger

Veranstaltungshinweis:
22. Mai, 17 Uhr: Vortrag von Prof. Dr. Thorsten Unger von der Otto-von-Guericke-Universität über den Dramatiker Ernst Toller.
Ort: Zentralbibliothek Magdeburg, Eintritt frei

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